Fallstudien

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Vollmachten im Treuhandbereich: Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser

In diesem Rechtsstreit hat unsere Kanzlei einen langjährig tätig gewesenen liechtensteinischen Treuhänder vertreten, den die Geister aus der Vergangenheit eingeholt hatten. Dieser Treuhänder wurde im Jahre 2011 auf einen zweistelligen Millionenbetrag verklagt. Die Klage wurde kurz dahingehend begründet, dass er es verabsäumt habe, bei liechtensteinischen Anstalten, bei denen er Verwaltungsrat war, zu verhindern, dass der US-Vertrauensanwalt der Begünstigten Auszahlungen aus diesen Anstalten veruntreute, anstatt diese an seine Klienten weiterzuleiten. Die geschädigten Vermögensträger wurden durchwegs in den 80-er Jahren gegründet.

Die Geschäftsbeziehung zwischen dem Treuhänder und dem US-Anwalt der Begünstigten, der auch andere Geschäftsbeziehungen zu diesem Treuhänder unterhielt, gingen zurück bis in die 70-er Jahre. Der US-Anwalt, der schliesslich einen zweistelligen CHF Mio-Betrag veruntreut hatte, war in den 70-er, 80-er und 90-er Jahren als äusserst renommierter New Yorker Anwalt in Liechtenstein aktiv. Im Jahr 2007 flogen seine Malversationen auf.

Bemerkenswert und charakteristisch für diesen Fall war der Umstand, dass sich die Begünstigten zu keinem Zeitpunkt während der 25-jährigen Geschäftsbeziehung in irgendeiner Weise mit dem Treuhänder und seiner Treuhandgesellschaft in Verbindung setzten. Wie sich im späteren Zivilprozess herausstellte, war diese Passivität vor dem Hintergrund steuerlicher Aspekte zu sehen.

Nach der Entdeckung der Malversationen im Jahre 2007 begann die Rechtsvertretung der Begünstigten im Jahre 2008, darauf zu drängen, den Treuhänder aus den Organen bei den verwalteten Vermögensträgern zu entfernen. Dazu gab es im April 2008 eine Besprechung, bei der die bis dahin bekannt gewordenen Umstände rund um die Veruntreuungen durch den New Yorker Anwalt allesamt offen diskutiert und transparent kommuniziert wurden. Daran nahmen alle damals involvierten Personen teil. In weiterer Folge kam es dann zum Rücktritt des Treuhänders bei den betroffenen Anstalten und zur Eintragung des damaligen Rechtsvertreters der geschädigten Anstalten als Verwaltungsrat per Ende Juli 2008. Danach fanden noch Versuche statt, die Angelegenheit durch einen Vergleich zu bereinigen. Ein solcher kam aber nicht zustande, sodass gegen den vormaligen Treuhänder im Oktober 2011 eine Klage auf Rechnungslegung bzw. Zahlung eingereicht wurde.

Das Verfahren dauerte schlussendlich fast 11 Jahre; es waren zwei Rechtsgänge erforderlich. Im ersten Rechtsgang wies das Erstgericht die Klage nach einer nur sehr eingeschränkten Beweisaufnahme ab. Die Klagsabweisung wurde damit begründet, dass sich die Beklagten auf die Vollmacht des New Yorker Anwalts verlassen durften und daher sämtliche Auszahlungen aus den Anstalten an den US-Anwalt als Ausschüttungen an die Begünstigten anzusehen gewesen seien und somit kein Schaden entstanden sei. Die Tatsache, dass dieser die Geldmittel dann veruntreute, sei nicht der Sphäre der Beklagten zuzurechnen. Im Übrigen erwähnte das Erstgericht, dass die Klagsansprüche ohnehin verjährt seien, begründete dies aber nicht näher. Einer dagegen von der Klägerin erhobenen Berufung gab das Fürstliche Obergericht statt, sprach aus, dass die Voraussetzungen für die Anscheinsvollmacht nicht vorlagen und dass die Klagsansprüche auch nicht verjährt seien.

Interessant dabei war, dass das Obergericht damals dem neu eintretenden Verwaltungsrat eine dreimonatige Frist, gerechnet ab Eintragung des neuen Verwaltungsrates im Handelsregister, einräumte, um sich „einzuarbeiten“. Damit wurde der Verjährungsbeginn um drei Monate hinausgeschoben, weshalb die Klagsansprüche nicht verjährt waren. Aufgrund der unrichtigen Rechtsansicht des Erstgerichtes hielt das Obergericht dafür, dass es in der gegenständlichen Sache an den relevanten Tatsachenfeststellungen mangle, weshalb es seine Entscheidung mit einem Rechtskraftvorbehalt versah. Einem dagegen vom Treuhänder erhobenen Rekurs gab der Oberste Gerichtshof nicht statt und sprach aus, dass jedenfalls noch umfangreiche Feststellungen zur Verjährungsthematik zu treffen seien.

Sodann wurde das Verfahren vor dem Landgericht fortgesetzt, in dessen Rahmen es zu umfangreichen Beweisaufnahmen kam. Mit dem Urteil des Landgerichts im zweiten Rechtsgang wurde dem Klagebegehren dem Grunde nach stattgegeben. Der Höhe nach wurde aber nur ein Bruchteil zugesprochen. Das Landgericht führte aus, dass weder die Voraussetzungen für ein Vollmachtsverhältnis des US-Anwaltes gegenüber seinen Klienten kraft Rechtscheins vorlagen, noch dass die Klagsansprüche verjährt seien. Der dagegen erhobenen Berufung des Treuhänders gab das Fürstliche Obergericht statt und sprach aus, dass sowohl die Voraussetzungen für die Vertretungsmacht des US-Anwaltes in Form einer besonderen Duldungsvollmacht vorlagen als auch, dass die Klagsansprüche allesamt verjährt seien. Einer dagegen von der Klägerin erhobenen Revision gab der Fürstliche Oberste Gerichtshof nicht statt. Einer dagegen erhobenen Beschwerde an den Staatsgerichtshof gab dieser ebenfalls nicht statt.