Fallstudien

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Keine Verpflichtung der Aktionärin, wirtschaftlich Berechtigte bekannt zu geben

In einem Gerichtsverfahren vertrat unsere Kanzlei eine gründerrechtslose liechtensteinische Anstalt als Beklagte, welche eine Beteiligung an der Klägerin (einer österreichischen Aktiengesellschaft) hält.

Die Klägerin war der Ansicht, unsere Mandantin sei dazu verpflichtet, ihre/n wirtschaftlich Berechtigten bzw. Begünstigten (WB) ihr gegenüber offenzulegen. Die Klägerin behauptete, sie sei gesetzlich verpflichtet diese Informationen im wirtschaftlichen Eigentümerregister einzutragen und es drohe ihr neben Strafzahlungen ein Finanzierungsstop seitens diverser Finanzinstitute, sollte sie diesen den/die WB ihrer Aktionärin nicht bekannt geben.

Unsere Mandantin war zur Offenlegung ihres/r WB gegenüber der Klägerin nicht bereit, da es sich um eine gründerrechtslose Anstalt ohne massgebliche Kontrollmöglichkeiten durch ihre/n WB handelt und daher im Rahmen einer subsidiären Meldung richtigerweise ihr Verwaltungsrat im wirtschaftlichen Eigentümerregister einzutragen war. Zudem bestanden begründete Bedenken, dass die Klägerin mit den begehrten Informationen nicht sorgfältig umgehen würde.

Aussergerichtlich konnte keine Einigung erzielt werden. Auf Lösungsvorschläge unserer Mandantin wurde nicht eingegangen. Stattdessen wurde unsere Mandantin beim Fürstlichen Landgericht auf Offenlegung ihres/r WB geklagt. Die Klägerin stützte ihren Anspruch auf (i) die Treuepflicht des Aktionärs, (ii) das österreichische Geldwäschereigesetz (FM-GwG) sowie (iii) das österreichische Gesetz über die wirtschaftlichen Eigentümer (WiEReG).

Da es sich bei der Klägerin um eine österreichische Aktiengesellschaft handelt, war der gegenständliche Fall materiell nach österreichischem Recht zu beurteilen.

Das Fürstliche Landgericht gab unserer Mandantin recht und wies die Klage ab. Die Klägerin erhob gegen das Ersturteil Berufung. Im Rahmen des Berufungsverfahrens legte das Fürstliche Obergericht diverse Vorfragen im Zusammenhang mit der Auslegung der entsprechenden EU-Richtlinien dem EFTA-Gerichtshof vor. Nach Eingang der Fragenbeantwortung durch den EFTA-Gerichtshof bestätigte das Fürstliche Obergericht die Entscheidung des Erstgerichtes, die gegen unsere Mandantin gerichtete Klage abzuweisen. Das Urteil ist rechtskräftig.

Inhaltlich gelangten sowohl das Fürstliche Landgericht als auch das Fürstliche Obergericht zum Ergebnis, dass sich die Offenlegung des/r WB unserer Mandantin aus der Treuepflicht des Aktionärs nicht ableiten lässt, da kein legitimes und schützenwertes Informationsbedürfnis der Klägerin gegenüber unserer Mandantin besteht.

Ferner konnte sich die Klägerin auch nicht auf das FM-GwG berufen, da dieses nur für den Finanzdienstleistungssektor Geltung hat, dem die Klägerin nicht angehört. Zudem waren der/die WB seitens unserer Mandantin jenen Bankinstituten, bei denen die Klägerin Konten unterhält, bereits mit der Auflage bekannt gegeben worden, diese Informationen vertraulich zu behandeln.

In Bezug auf die Anwendung des WiEReG erklärten die liechtensteinischen Gerichte, dass sich auch aus diesem eine erweiterte Mitteilungspflicht unserer Mandantin nicht ableiten lässt. Der EFTA-Gerichtshof hatte nämlich festgehalten, dass ein Rechtsträger, welcher (wie die österreichische Klägerin) zur Meldung nach dem WiEReG verpflichtet ist, zwar dazu angehalten ist, die Informationen zu den wirtschaftlichen Eigentümern auch von ihren Gesellschaftern einzuholen, dass jedoch keinerlei Verpflichtung besteht, diese Informationen im Verweigerungsfall gerichtlich geltend zu machen. Dies umso weniger, wenn wie im gegenständlichen Fall Informationen erteilt wurden und keinerlei begründeter Zweifel an der Richtigkeit der Angaben besteht, wonach in Ermangelung eines Kontrollverhältnisses anstelle des/r WB subsidiär die Organe der liechtensteinischen Anstalt einzutragen sind. Noch dazu war der Klägerin im vorliegenden Fall bereits von dem in Österreich für die Umsetzung des WiEReG zuständigen Bundesministerium für Finanzen schriftlich bestätigt worden, dass die subsidiäre Meldung der Organe der liechtensteinischen Anstalt ausreicht.

Das Urteil des Fürstlichen Obergerichtes ist insoweit richtungsweisend, als aufgrund der Vorlage an den EFTA-Gerichtshof klargestellt ist, dass in die Register wirtschaftlicher Eigentümer der Mitgliedstaaten subsidiär die Organe einer juristischen Person einzutragen sind, sofern die Begünstigten keinen kontrollierenden Einfluss auf die Gebarung der juristischen Person nehmen können. Zudem ist auch festgestellt, dass die juristische Person, an der eine Beteiligung besteht, keine Verpflichtung hat, die Richtigkeit der ihr von den Gesellschaftern erteilten Informationen zu hinterfragen und dass in diesem Zusammenhang auch keine erweiterten Nachforschungspflichten – insbesondere keine Pflicht zur Klage auf Offenlegung – besteht.

Dieser Fall wurde gepostet von

Mag. iur. Florian Zechberger